Alex.: Hallo Martin, ich freue mich sehr auf unser Gespräch heute. Shopping Erlebnisse sind ein wenig meine Leidenschaft. Kannst du dich noch kurz vorstellen?
Martin: Ich bin Martin Goertz und Vertriebsleiter bei der bei Sigma System Audio-Visuell. Medientechnik in Verbindung mit Retail begleitet mich tatsächlich schon sehr lange auf meiner Berufslaufbahn.
Alex.: Der stationäre Handel hat es in den letzten Jahren schwer. Was sind die größten Veränderungen, die du im Einkaufsverhalten der Kunden beobachtet hast, insbesondere in Deutschland?
Martin: In den letzten Jahren hat sich das Konsumverhalten deutlich verändert. Immer mehr Kunden kaufen online – auf Grund von Bequemlichkeit, größerer Auswahl und ständiger Verfügbarkeit. Dadurch sinkt die Besucherfrequenz in vielen Innenstädten und Einkaufszentren. Zugleich erwarten Kunden heute mehr vom stationären Handel: persönliche Beratung, Produkt-Erlebnisse und besonderes Ambiente. Einkäufe werden bewusster geplant, spontane Ladenbesuche nehmen ab. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend beschleunigt und neue Gewohnheiten etabliert. Besonders in Deutschland nutzen Kunden inzwischen flexibel beide Kanäle, doch spontane Besuche im Geschäft sind insgesamt seltener geworden.
Alex.: Kannst du noch etwas mehr auf die Gründe eingehen, warum der spontane Besuch im Geschäft weniger geworden ist?
Martin : Dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Hauptgrund ist sicherlich die Bequemlichkeit des Online-Shoppings. Von zu Hause oder unterwegs aus kann man Produkte bestellen, ohne Öffnungszeiten beachten oder einen Weg in die Innenstadt auf sich nehmen zu müssen. Das spart Zeit und oft auch Geld, da man online Preise schnell vergleichen und Schnäppchen finden kann. Hinzu kommt: Viele Kunden gewöhnen sich an den Komfort, sich Waren bis an die Haustür liefern zu lassen, inklusive einfacher Rücksendemöglichkeiten.
Zweitens hat der Online-Handel in den letzten Jahren sein Angebot und Experience massiv ausgebaut. Für nahezu jedes Produkt gibt es Online-Anbieter, oft mit einer größeren Auswahl als vor Ort im Laden. Kunden finden online auch Nischenprodukte, die der lokale Handel vielleicht gar nicht führt. Wenn der Verbraucher also weiß, dass er online garantiert fündig wird, überlegt er sich zweimal, ob er dafür in mehrere Geschäfte gehen soll.
Alex.: Wovon hängt es ab, ob ein Kunde dann ein Produkt im Geschäft oder online kauft?
Martin: Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle bei der Frage, ob jemand online oder offline kauft. Ein Faktor ist sicher der Preis. Online kann man Preise vergleichen und sieht sofort, wo ein Produkt günstiger ist. Wenn der Preisunterschied groß ist, neigen viele dazu, online zu bestellen.
Ein weiterer Faktor ist das haptische Erlebnis. Gerade bei Kleidung, Möbeln oder anderen Produkten, die man anfassen, anprobieren oder ausprobieren möchte, ziehen viele Kunden den Gang ins Geschäft vor. Sie wollen sehen, wie der Stoff sich anfühlt, ob die Schuhe passen oder wie die Farbe in echt wirkt. Dieses physische Erlebnis kann online (trotz guter Fotos oder Videos) nicht vollständig ersetzt werden. Ebenso spielt Beratung und Vertrauen eine Rolle: Bei komplexen oder teuren Produkten – zum Beispiel Elektronik, hochwertige Küchen, Versicherungen – schätzen viele Verbraucher die persönliche Beratung durch Fachleute. Wenn sie wissen, im Laden steht ein kompetenter Verkäufer, lassen sie sich eher dort überzeugen. Online informieren sich zwar auch viele (Kunden lesen Bewertungen, Tests etc.), aber die fachkundige Empfehlung im direkten Gespräch kann ein wichtiger Kaufimpuls sein.
Letztlich hängt es von der Abwägung des Kunden ab: Was ist ihm in der konkreten Situation wichtiger? Wenn es um Bequemlichkeit und Preis geht, gewinnt oft online. Geht es um Erlebnis, Sofort-Verfügbarkeit oder Vertrauen, hat der stationäre Handel Vorteile. Die Mischform wird aber immer häufiger – viele informieren sich online und kaufen dann im Laden (ROPO: Research Online, Purchase Offline) oder umgekehrt. Händler müssen also an möglichst vielen dieser Stellschrauben drehen (Preis, Service, Erlebnis, Verfügbarkeit), um die Kunden für den Kauf im eigenen Kanal zu gewinnen.
Alex.: Was muss der stationäre Einzelhandel tun, um Kunden wieder vermehrt in die Geschäfte zu ziehen?
Martin: Der stationäre Handel muss den Kunden einen guten Grund geben, vorbeizukommen – sprich: klare Mehrwerte gegenüber dem Online-Kauf bieten. Zunächst sollte das Einkaufserlebnis attraktiver werden. Händler können zum Beispiel durch ein ansprechendes Store-Design, geschultes und herzliches Personal sowie besondere Aktionen oder Events den Ladenbesuch zum Erlebnis machen. Viele Kunden kommen eher, wenn sie etwas Besonderes erwartet: Sei es eine Produktvorführung, eine kleine Verkostung, eine exklusive Aktion nur im Laden oder einfach eine schöne Atmosphäre, in der das Stöbern Spaß macht. Ein Stichwort ist hier „Retailtainment“ – also Unterhaltung im Retail-Bereich. Wenn der Laden mehr bietet als nur Regale, nämlich zum Beispiel eine gemütliche Sitzecke, Musik, vielleicht einen Kaffee, dann fühlen sich Kunden wohler und bleiben länger. Das steigert die Chance, dass sie etwas kaufen.
Alex.: Welche Rolle spielt die Verknüpfung von Online- und Offline-Kanälen (Stichwort Omnichannel) bei diesen Strategien?
Martin: Eine sehr große Rolle – Omnichannel ist heute quasi ein Muss. Kunden denken nicht mehr in Kategorien wie „jetzt kaufe ich online“ oder „jetzt kaufe ich offline“. Sie erwarten, dass ein Händler beides anbietet und sie je nach Situation wählen können. Die nahtlose Verknüpfung der Kanäle bedeutet: Der Übergang zwischen Online-Shop, Mobile-App und physischem Laden sollte fließend sein. Praktisch heißt das zum Beispiel, dass ein Kunde online sehen kann, was im Laden vorrätig ist, und es reservieren oder per Click & Collect bestellen kann. Umgekehrt sollte im Geschäft die Möglichkeit bestehen, per Tablet oder Kiosk auf das Online-Sortiment zuzugreifen – also eine Regalverlängerung, damit kein Kundenwunsch unerfüllt bleibt, nur weil der Platz im Laden begrenzt ist.
Auch Services wie Online bestellen – im Laden zurückgeben (und umgekehrt) gehören dazu. Viele Kunden schätzen es, online gekaufte Ware bei Problemen einfach im nächsten Laden umtauschen zu können. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie überhaupt bestellen, weil das Risiko geringer ist. Omnichannel heißt auch, dass Kundenkonto oder Loyalty-Programm über alle Kanäle hinweg funktionieren: Der Kunde sollte seine Punkte oder personalisierten Angebote sowohl online als auch im Geschäft nutzen können. Wenn ein Kunde beispielsweise online etwas in den Warenkorb legt und dann in den Laden kommt, könnte der Verkäufer theoretisch darauf zugreifen und nahtlos weiterhelfen – so etwas begeistert, weil es zeigt: Hier kennt man mich und meine Bedürfnisse.
In Deutschland haben viele Händler in den letzten Jahren stark in Omnichannel investiert, weil klar wurde, dass Kanal-Silos nicht mehr zeitgemäß sind. Der stationäre Laden wird durch die Verzahnung mit digitalen Kanälen stärker, nicht schwächer: Er wird zum Knotenpunkt in einem Netzwerk aus Touchpoints. Ich denke, Händler, die online und offline intelligent miteinander verbinden, schaffen ein konsistentes Gesamterlebnis. Das Ergebnis sind zufriedene Kunden, die den für sie bequemsten Weg nutzen können – und am Ende bleibt der Umsatz im selben Unternehmen. Omnichannel ist also nicht nur Technik, sondern ein strategischer Ansatz, um Kunden an allen Fronten abzuholen und an sich zu binden.
Alex.: Inwiefern müssen sich Ladenbau und Store-Design anpassen, um ein ansprechendes Kundenerlebnis zu schaffen?
Martin: Das Ladendesign spielt eine immense Rolle für das Einkaufserlebnis. Heutige Stores müssen mehr bieten als nur Warenpräsentation – sie sollten Atmosphäre und Emotion vermitteln. Innenarchitekten und Ladenbauer sind gefordert, Räume zu gestalten, in denen sich Kunden wohlfühlen und gerne aufhalten. Dazu gehört ein durchdachtes Ambiente: ansprechende Gestaltung, Farben und Materialien, die zur Marke passen, eine angenehme Beleuchtung, passende Musik und sogar Düfte können eingesetzt werden, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. All diese Elemente sprechen die Sinne an. Einige Händler integrieren auch Lounge-Ecken oder Cafés im Geschäft, wo man sich ausruhen oder etwas trinken kann. Solche Angebote verlängern die Verweildauer und machen den Besuch entspannter.
Wichtig ist zudem die Flexibilität im Store-Design. Die Retail-Welt ändert sich schnell, und Ladenflächen sollten anpassbar sein.
Die Verknüpfung von digital und physisch im Design. Digitale Elemente – wie Bildschirme, Projektionen oder Tablets – sollten nahtlos ins Ladenbild integriert sein. Nichts wirkt schlimmer, als wenn ein moderner Touchscreen wie ein Fremdkörper an einer sonst unpassenden Stelle hängt. Gute Ladenbauer planen solche digitalen Touchpoints von Anfang an mit ein: zum Beispiel als Teil der Produktregale oder in die Schaufenstergestaltung integriert. Ein durchdachtes Design kann den Kunden quasi auf eine Reise mitnehmen, ihn überraschen und begeistern
Insgesamt wird das Store-Design der Zukunft sehr kundenzentriert sein: Es soll die Markenwelt transportieren, zum Verweilen einladen und alle Sinne ansprechen, ohne den eigentlichen Einkauf zu erschweren. Für Ladenbauer heißt das, Kreativität mit Funktionalität zu verbinden.
Alex.: Stichwort Technologie: Wie können digitale Touchpoints wie interaktive Displays oder digitale Informationsstationen im Laden den Einkaufsprozess verbessern?
Martin: Digitale Touchpoints im Geschäft können die Brücke zwischen Online und Offline schlagen und den Kunden viele Vorteile bieten. Interaktive Displays oder Kiosksysteme ermöglichen es dem Kunden, selbst aktiv zu werden. Man kann über einen Touchscreen im Sortiment stöbern, Produkte gezielt suchen oder sich Details anzeigen lassen, die vielleicht am Regal nicht ersichtlich sind. Nehmen wir ein Modegeschäft: Über ein Display kann der Kunde sehen, welche Größen oder Farben eines Artikels auf Lager sind, ohne jedes Teil durchsuchen zu müssen. Oder er lässt sich zu einem Kleidungsstück passende Kombinationsartikel vorschlagen („Das könnte dazu passen…“), was im Laden möglicherweise auf einer Schaufensterpuppe gezeigt wird, aber digital noch vielfältiger angeboten werden kann. In Elektronikmärkten wiederum bieten Touch-Terminals die Möglichkeit, Produktvergleiche anzustellen oder Kundenbewertungen zu lesen, ähnlich wie man es online tun würde. So hat der Kunde im Laden die gleiche Informationsfülle zur Hand wie beim Online-Shopping – das schafft Vertrauen in die Kaufentscheidung und reduziert Unsicherheit.
Große Video-Wände oder Bildschirme können darüber hinaus Aufmerksamkeit erregen und Produkte emotional in Szene setzen – zum Beispiel indem sie Lifestyle-Videos, laufende Kollektionen oder Stimmungsbilder zeigen, die zum Sortiment passen. Betrieben als sogenannte Retail-Medien können solche digitalen Flächen sogar gezielt Marketingbotschaften am Point of Sale einblenden, um spontane Kaufimpulse auszulösen. All das macht den Einkauf interaktiver und informativer. Der Kunde fühlt sich unterhalten, gut informiert und letztlich auch sicherer bei seiner Entscheidung.
Alex.: Wie steht es mit Technologien wie Smartphone-Apps oder Augmented Reality im Laden? Bringen solche Tools echten Mehrwert oder sind das eher Spielereien?
Martin: Augmented Reality (AR) ist ein noch relativ neues Spielfeld im Handel, bietet aber spannende Möglichkeiten, wenn es passend eingesetzt wird. AR kann das physische Einkaufserlebnis virtuell erweitern. Ein bekanntes Beispiel ist die Möbelbranche: Über eine Smartphone-App kann man per AR ein virtuelles Abbild eines Möbelstücks im eigenen Wohnzimmer einblenden, um zu sehen, ob es von Größe und Stil passt – das funktioniert zu Hause, aber auch im Möbelhaus selbst, um unterschiedliche Varianten zu visualisieren. Im stationären Handel könnten Kunden ihr Handy auf ein Produkt richten und zusätzliche Inhalte angezeigt bekommen, z.B. animierte 3D-Modelle, Montageanleitungen oder Anwendungsideen. Im Modehandel gibt es „virtuelle Spiegel“ oder AR-Features, mit denen man verschiedene Farben eines Kleidungsstücks an sich ansehen kann, ohne alles physisch anzuprobieren. Das klingt futuristisch und kann Spaß machen, gerade einer technikaffinen jüngeren Kundschaft.
Bisher sind AR-Anwendungen im Laden noch eher Gimmicks und werden punktuell eingesetzt, aber ich denke, das kann sich mit besserer Technologie ändern. Wenn AR dem Kunden einen echten Mehrwert bietet – sei es Informationen, Unterhaltung oder Sicherheit bei der Auswahl – dann wird es sich durchsetzen. Summa summarum: AR kann den Einkauf bereichern, aber sie sollten gezielt dort eingesetzt werden, wo sie das Erlebnis verbessern. Andernfalls lässt man es lieber bei den klassischen Mitteln, statt mit aller Macht High-Tech einzuführen, die am Ende niemand nutzt.
Trotzdem bleibt der Verkauf natürlich das ultimative Ziel – nur verschiebt sich vielleicht der Weg dorthin.
Alex.: Gibt es bereits erfolgreiche Konzepte, die stationären Handel und digitale Technologien effektiv verbinden? Hast du da ein paar Beispiele ?
Martin: Ja aus dem Mode-Einzelhandel, eine Lingerie-Kette etwa testet intelligente Umkleidekabinen: Dort können Kunden per Touchscreen in der Kabine andere Größen oder Artikel anfordern, ohne sich wieder anziehen und aus der Kabine herausmüssen. Erste Modemarken setzen auf „Magic Mirror“ – einen digitalen Spiegel, der einem beim Anprobieren z.B. weitere Farboptionen oder Kombinationsmöglichkeiten im Spiegel einblendet. So etwas zieht neugierige Kunden an und verbindet das klassische Anprobieren mit einem spielerischen, digitalen Element.
Händler experimentieren mit RFID-Chips: Legte man z.B. eine Mobilephone-Kamera auf einen entsprechenden Tisch, erschien automatisch auf einem Bildschirm ein Video mit Produktinfos und Vergleichsdaten. Das verknüpft haptisches Ausprobieren mit digitaler Information.
Alex.: Gelten diese Entwicklungen eigentlich für alle Branchen des Einzelhandels gleichermaßen? Oder sehen Sie Unterschiede zwischen einem Modegeschäft, einem Supermarkt und beispielsweise einem Elektronikhändler?
Martin: Im Grunde spüren alle Branchen den Wandel im Kundenverhalten, aber die Reaktionen und Schwerpunkte unterscheiden sich durchaus. Aber die Grundtendenz – hin zu mehr Service, mehr Erlebnis und digitaler Unterstützung – ist überall erkennbar. Aber die Umsetzung variiert je nach Sortiment und Kundenerwartung. Jeder Sektor findet andere Wege, attraktiv zu bleiben. Wichtig ist, dass ein Händler seine Zielgruppe gut kennt: Ein Luxus-Modelabel wird anders auftreten müssen als ein Lebensmitteldiscounter. Wer die richtigen Akzente für seine Branche setzt, kann auch in Zukunft erfolgreich stationär verkaufen.
Alex.: Worauf sollte der Handel achten, um Fehler zu vermeiden, wenn er seine Geschäfte digitalisiert oder das Einkaufserlebnis verbessert?
Martin: Bei der Digitalisierung und Aufwertung des Einkaufserlebnisses gibt es einige Stolperfallen, die Händler vermeiden sollten. Ein häufiger Fehler ist, Technik um der Technik willen einzusetzen. Es reicht nicht, einfach ein paar Bildschirme aufzuhängen oder eine fancy App zu lancieren, nur um „digital“ zu wirken. Jede neue Medientechnik oder aufwendige Retail-Medien Konzepte im Laden sollte einen klaren Zweck für den Kunden erfüllen. Wenn z.B. ein interaktives Terminal hingestellt wird, das am Ende nur die Webseite des Händlers anzeigt, ist dem Kunden nicht geholfen – dafür hätte er nicht in den Laden kommen müssen. Solche Fehlinvestitionen sieht man leider: teuer angeschaffte Gadgets, die ungenutzt bleiben, weil sie keinen echten Mehrwert bieten.
Außerdem sollte man die Kundenvielfalt im Blick haben. Nicht alle Kunden sind Digital Natives, und das ist okay. Die Kunst besteht darin, digitale Angebote optional und intuitiv zu machen, statt sie aufzuzwingen.
Und zuletzt: Realistische Erwartungen und Geduld. Nicht jede Neuerung wird sofort zum durchschlagenden Erfolg. Wichtig ist, aus Kundenfeedback zu lernen und bei Bedarf nachzubessern. Manchmal braucht es einfach etwas Zeit, bis Kunden neue Services annehmen.
Alex.: Was denkst du über das Buzzword Retail-Media?
Martin: Richtig eingesetzt, macht Retail Media den Ladenbesuch nicht nur informativer, sondern auch erlebnisreicher – und schafft so eine Win-Win-Situation für Marken, Händler und Konsumenten.
Das Einkaufserlebnis für die Kunden wird zum Entertainment. Relevante, visuell ansprechende Inhalte schaffen Orientierung, Inspiration und Interaktion. Beispiele für die Umsetzung reichen hier von digitalen Bildschirmen mit wechselnden Angeboten über interaktive Kioske mit Produktinformationen bis hin zu AR-Anwendungen. Entscheidend ist, dass die Inhalte zum Store-Konzept, zur Marke und zur Zielgruppe passen und einen echten Mehrwert für die Kunden bieten. Ich bin überzeugt das die Medien Agenturen und Marken in Zukunft mit kreativen Retail-Media Kampagnen uns immer wieder bespaßen werden.
Alex: Martin wie stellst du dir den stationären Handel in fünf bis zehn Jahren vor? Wird es ihn in der heutigen Form noch geben, oder erwartest du grundlegende Veränderungen?
Martin: Ich bin überzeugt, dass es den stationären Handel auch in fünf bis zehn Jahren noch geben wird – aber nicht mehr in der heutigen Form. Wir werden vermutlich weniger Filialen haben, und die Läden, die bleiben, werden profilierter sein. Die klassischen 08/15-Läden, die einfach nur Produkte anbieten, ohne Besonderheiten, werden es sehr schwer haben oder verschwinden. Stattdessen werden Erlebnis- und Beratungsorte dominieren. Viele Händler werden ihre Geschäfte verstärkt als Showrooms oder Markenwelten nutzen.
Das heißt, der Laden präsentiert die Marke und die Produkte auf eine Art, die online nicht möglich ist – mit Anfassen, Ausprobieren, persönlichem Austausch. Der eigentliche Kauf kann dann flexibel erfolgen. Vielleicht nimmt der Kunde die Ware direkt mit, vielleicht lässt er sie sich liefern, vielleicht bestellt er später online nach – all das wird ineinander übergehen. Routine-Einkäufe, also Sachen des täglichen Bedarfs oder standardisierte Produkte, werden vermutlich noch stärker online abgewickelt, weil es einfach effizienter ist. Für Beratung, Inspiration und Community-Erlebnisse hingegen geht man gezielt ins Geschäft.
Technologisch wird in fünf bis zehn Jahren vieles, was heute neu wirkt, zur Normalität geworden sein. Möglicherweise sehen wir auch mehr Augmented Reality im Alltagseinsatz, wenn die Technik reifer ist – zum Beispiel via Smart Glasses oder sehr nutzerfreundliche Handy-Anwendungen. Stores könnten auch multifunktionaler werden: Ein Geschäft ist tagsüber Verkaufsfläche und abends Veranstaltungsort.
Insgesamt würde ich sagen: Der stationäre Handel wird sich neu erfinden, aber nicht verschwinden. Die Grenzen zwischen den Kanälen werden weiter verwischen. Händler, die das frühzeitig erkennen, bauen ihre Geschäftsmodelle jetzt schon um – weg von „nur Produkte verkaufen“ hin zu „Erlebnisse und Lösungen anbieten“. In fünf bis zehn Jahren sehen wir dann das Ergebnis dieser Transformation.
Alex.: Wenn du abschließend einen Rat an Retailer geben dürften: Was ist der wichtigste Faktor, um im stationären Handel der Zukunft erfolgreich zu sein?
Martin: Ganz knapp gesagt: Den Kunden also den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Wer stationär erfolgreich sein will, muss sich konsequent an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden orientieren. Das klingt banal, wird aber im Tagesgeschäft manchmal vergessen. Ob das nun überragender Service ist, ein einzigartiges Shop-Design, besondere Events oder moderne technische Hilfsmittel – der Kunde muss den Mehrwert spüren. 100% WILKOMMEN
Alex.: Zum Abschluss noch eine private Frage. Wo shoppst du am liebsten? Online oder Offline?
Martin: Ich liebe es in einem tollen Geschäft einkaufen zu können. Ich bin Team stationärer Handel, kein Zweifel!
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